Keine Gentechnik-Versuche in Braunschweig – und auch nicht anderswo!



Freitag, 7.5.10

Amtsgericht Braunschweig
Kreidemalerei-Prozess


Infostand 11.4.

Podium 22.4.

Straßentheater 28.4.

Maifest 1.5.

Infoabende 12.-14.5.

Mahnwache seit 25.4.







Am Freitag, den 10. Mai war der erste Prozesstag gegen einen Gentechnik-Aktivisten, der für „Captain Kirk“ eine Anzeige bei der Braunschweiger Zeitung abgegeben hatte. In dieser Anzeige hatte sich im Jahr 2009 ein „Captain Kirk“ zu Kreidemalereien auf dem Gelände des vTI bekannt.

Anschließend fand vor dem vTI eine Kundgebung statt, Bericht hier.

Hier nun der Prozessbericht:

Hier wird mit Kanonen auf Spatzen geschossen!“

Erster Verhandlungstag um gentechnikkritische Kreidemalereien ohne Ergebnis

Angeklagt ist das bloße Betreten eines Grundstückes. Doch gesehen hat den 41-Jährigen Dirk Jessen aus Braunschweig dabei niemand. Nur Spuren soll er hinterlassen haben: Kreidesprüche, die Protest gegen die Gentechnik ausdrücken. Das selbst sei keine Sachbeschädigung, sagt sogar die Staatsanwaltschaft -- und erhob dennoch Anklage. Denn das Betreten zum Zwecke des Kreidemalens sei verboten gewesen und deshalb strafbarer Hausfriedensbruch. Doch schon, ob das überhaupt stimmt, ist mehr als fraglich. Denn wann die Kreidesprüche aufgetragen wurden und ob das Betreten rund um die Uhr unzulässig wäre, ist bislang nicht geklärt. Auch der Strafantrag wird zu prüfen sein: Die Unterschriften sind teilweise gar nicht leserlich. Gut möglich also, dass das Verfahren in sich zusammen fällt, weil schon diese Verfahrensvoraussetzung fehlt. Doch offensichtlich herrscht Verfolgungswille. Die Staatsanwaltschaft stützt ihre Anklage auf eine merkwürdige Anzeige in der Braunschweiger Zeitung, in der ein „Captain Kirk“ die von ihm angebrachten Kreidemalereien begründet. Ob die Zeitung die Daten des Auftraggebers der Anzeige überhaupt hätte herausgeben dürften, lässt der Angeklagte zur Zeit beim Datenschutzbeauftragten prüfen. In Kirk-Uniform erschien der Angeklagte nicht – ob er selbst der Autor der Anzeige ist, wird also auch noch geprüft werden müssen. Vor Gericht bestätigte er nur, die Anzeige bei der Zeitung abgegeben zu haben.

Das es überhaupt zu dem Prozess gekommen ist, dürfte am politischen Hintergrund liegen. Seit über einem Jahr, als eine Gruppe entschlossener GentechnikgegnerInnen das Versuchsgelände an der Bundesallee besetzte, ist das Thema in Braunschweig stark diskutiert. Stadt- und Geländeverwaltung sowie die von ihnen angerufenen Gerichte versuchen seitdem, den Protest vom Gelände fernzuhalten. „Nur deshalb machen sie den Prozess gegen mich“, schimpft der Angeklagte Jessen. „Die wollen einschüchtern, damit in Zukunft Genversuchsfelder, Flughafenausbau und anderes glatter ablaufen können!“ Als völlig absurd beurteilt auch der als Verteidiger des Angeklagten zugelassene Gentechnikkritiker Jörg Bergstedt die Lage: „Polizei und Justiz zeigen immer besonderes Engagement, wenn kritische Personen verfolgt werden sollen -- aber dieses Verfahren sprengt die Vorstellungskraft.“ Nichtsdestotrotz wollen Angeklagter und Rechtsbeistand eine umfangreiche Beweiserhebung über die Hintergründe sowohl des Engagements der bundeseigenen Institute in der Gentechnik wie auch über die Einschüchterungsstrategien der Behörden gegenüber politischem Protest und über die Ermittlungsmethoden gegen BürgerInnen, die sich nicht wegducken.

Die Richterin war vom Verteidigungswillen des Angeklagten sichtbar überrascht. Dieser bestand auch darauf, die Angehörigen der Polizei in Braunschweig zu vernehmen. So wird erst am zweiten Verhandlungstag die Beweisaufnahme beginnen. Vorher will der Angeklagte die am ersten Prozesstag unterbrochene Einlassung fortführen. Die Richterin hatte gentechnische Äußerungen unterbunden, musste aber am Ende des Prozesstages zur Kenntnis nehmen, dass die Kreidemalereien doch zum Gegenstand des Prozesses gehören würden – und daher auch das dahinter stehende Thema. Ein Fortsetzungstermin wird wohl erst nach der Sommerpause stattfinden. Heiner Schrobsdorff, der im Publikum das Geschehen verfolgte, empfiehlt den Besuch: „Das ist eine Lehrstunde, wie politische Anklagen funktionieren – aber auch wie eine Verteidigung dagegen aussehen kann“.

Heiner Schrobsdorff























Impressum: Initiative gegen Genmais-Versuche in Braunschweig,
verantwortlich Andreas Riekeberg, Räubergasse 2a, 38302 Wolfenbüttel. E-Mail: info (bei) bs-gentechfrei.de